#03 - Reset & Rise - Flüchtest du schon oder lebst du noch
Shownotes
In der Wahrnehmung waren für mich mit die prägendsten Ereignisse zum einen die Revolution zum anderen das Fliehen. Es war nicht einfach damals mit knapp 10 zu verstehen, warum ich aus meinem verwurzelten Leben rausgerissen wurde, doch wie in allem habe ich auch hier gelernt damit umzugehen in der Hoffnung, dass eines Tages alles einen Sinn ergibt.
Alles ich erlebt habe, erleben musste und auch erleben durfte haben mich zu der Person gemacht die ich heute bin, mal voller Angst, mal verzweifelt, mal total ausrastend, aber unterm Strich kann ich behaupte ich habe mich gut geschlagen und wenn ihr denkt das war alles, hihi, es kommen noch einige Kapitel die mich geprägt haben.
Aber hier, fürs Erste, viel Spaß beim reinhören :-).
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00:00:00: Ja, ihr Lieben, oh mein Gott, wie die Zeit vergeht.
00:00:04: Je mehr ich so spreche, desto mehr merke ich, what the fuck habe ich alles erlebt.
00:00:15: Was ist das alles?
00:00:18: In der dritten Folge sehen wir schon soweit, dass ich mit euch kurz besprechen möchte,
00:00:26: wie mein Weg von einem kommunistischen, diktatorischen Land in einer Demokratie war.
00:00:40: 1989 ist mein Vater geflüchtet und ich weiß gar nicht, wo der zuerst angekommen ist.
00:00:52: Ich glaube Paris, von Paris, Schweden und dann weiß ich, die Ungewissheit,
00:00:58: was mit uns unten passiert, war sehr groß.
00:01:01: Es war gerade dieser Umbruch, diese Unruhe.
00:01:08: Die Revolution, eigentlich hatte ich gar nicht gewusst,
00:01:13: dass die Revolution irgendwann mal beginnen wird, aber die Revolution hatte bei mir in der Heimatstadt,
00:01:22: in der Geburtstadt angefangen.
00:01:24: Das heißt, wir waren ja live dabei, wo die angefangen hat.
00:01:30: Es war alles relativ komisch, weil wir wussten nicht, vor allem meine Mutter wusste nicht,
00:01:35: was passiert mit uns, werden wir sterben, können wir fliehen, werden wir fliehen.
00:01:41: Und es waren von jetzt auf gleich so viele Fragen offen, dass wir gar nicht wussten, wie es um uns geschieht.
00:01:58: Aber auch da mussten wir irgendwie improvisieren.
00:02:02: Und meine Mutter hat dann im Tag, wo die Revolution angefangen hat, noch arbeiten müssen.
00:02:07: Da war der Opa von meiner Kusine bei uns und die Oma.
00:02:14: Und die haben sich eigentlich über Weihnachten ein Licken wohnen.
00:02:19: Das war ja Ende Dezember.
00:02:21: Und ja, ich habe dann plötzlich Zahnwege gekriegt und genau in dem Tag musste ich zum Zahnarzt.
00:02:28: Und da waren halt gewisse Dinge, die sehr skurril waren, weil die haben ja nicht reingepasst,
00:02:33: nach dem Motus, wieso muss ich jetzt unbedingt zum Zahnarzt.
00:02:38: Und so war dann sofort.
00:02:40: Und ja, dann standen wir plötzlich in der Schlange, weil die haben sich, wie gesagt, ein Licken wohnen.
00:02:47: In irgendwelche Reihen, in irgendwelchen Läden.
00:02:52: Und dann sehen wir plötzlich einen Panzer an uns vorbeifahren.
00:02:58: Und dann der zweite, die Pflasterstein, also das Falt ist irgendwie gebrochen.
00:03:04: Und ja, wir haben irgendwie, mir dachte, wir wären im falschen Film, total lustig.
00:03:11: Aber dem war ja leider nicht so.
00:03:17: Und dann haben wir erst am Abend gemerkt, was für eine Bewegung entstanden ist
00:03:23: und was eigentlich losgetreten wurde.
00:03:26: Das war auch da, wo, ich glaube, der kalte Krieg gehindert hat.
00:03:30: Also, wo Russland nicht mehr so wird und ich unterwegs war.
00:03:35: Und war doch relativ krass.
00:03:41: Das war irgendwie ein Gefühl, ich kann es gar nicht beschreiben, man wusste gar nicht, was Sache ist.
00:03:48: Man wusste nicht, wo geht man hin, was macht man, macht man überhaupt was, geht man irgendwo hin.
00:03:55: Und es war irgendwie alles komisch.
00:04:01: Und dann haben sie auch angefangen, in der Nacht zu schießen.
00:04:04: Also man hat halt Artillerie gehört.
00:04:09: Die Soldaten haben sich aber bei uns gegeben, auf dem Haus positioniert.
00:04:13: Es waren auf alle Dächer irgendwelche Soldaten mit irgendwelchen Getreis und so weiter und so fort.
00:04:19: Und zwar halt alles nicht lustig.
00:04:24: Und meine Mutter musste am nächsten Tag meine Oma vom Bahnhof abholen, weil sie auf Rehaber.
00:04:33: Und das war auch ein krasses Gefühl, weil mich war alleine daheim.
00:04:39: Und es wurde geschossen und geschossen und geschossen.
00:04:44: Und, na ja, ich fand es nicht wirklich lustig, weil im ersten Moment ging mir durch den Kopf fast passiert, wenn meine Mutter nicht mehr kommt.
00:04:53: Mein Vater war ja über alle Berge, meine Mutter war weg.
00:05:02: Ich wusste auch nicht, kommen wir dieses meine Oma zurück, falls meine Mutter was passiert.
00:05:06: Kommt meine Oma ja auch nicht, kommen beide nicht, kommen beide zurück.
00:05:11: Und diese Angst in dem Moment, die man verspürt, als junges Mädchen.
00:05:17: Weil ich war doch relativ groß und war fast zehn.
00:05:23: Ja, da muss ich sagen, hola die Wolfie, also ich habe so Schiss gehabt.
00:05:29: Und durchgehend, also fast sekündlich, hat man die Geschosse gehört und wirklich nur diese ...
00:05:42: Also es war echt übel.
00:05:45: Und diese Ungewissheit, dann musste ich nicht, wie soll ich auf Klo gehen.
00:05:50: Ich bin ja in die Hocke sozusagen oder auf dem Bauch, habe ich mich dann auf die Toilette hochgezogen.
00:05:57: Dann habe ich mich zwischen Wand und Bett verkrochen, falls irgendwie in die Wohnung reingeschossen werden würde.
00:06:06: Und da war auch sozusagen, ja, wo man halt auch als kleine Jungs, Mädchen, trainiert darauf, wie wir reagieren müssen sollen, falls irgendwas passieren sollte.
00:06:24: Ja, dann stand ich halt alleine in der Wohnung, Soldaten gegenüber der Wohnung beziehungsweise auf dem Dach, auf dem Balkon.
00:06:33: Und dann denkt man sich, ja, jetzt Krimi, Hitchcock, Splatter, was noch.
00:06:43: Und meine ganz große Angst war, kann mich ja nur wiederholen, was passiert, wenn meine Mutter nicht mehr zurückkommt.
00:06:55: Weil dann war ich wirklich verloren, dann war ich wirklich, ist halt so.
00:07:00: Wie dem Aussage, dann kamen sie halt zurück mit meiner Oma, die waren alle total fertig, meine Mutter hat erstmal Nervenzusammenbruch bekommen.
00:07:07: War gefühlt nur noch die Hälfte, angewicht.
00:07:12: Und sie hat an dem Tag noch miterlebt, ihre Kolleginnen von der Arbeit, drei Stück in der Straße waren erschossen worden vorhin.
00:07:24: Und es war halt schon, das war halt schon, man hat es ja nicht verstanden.
00:07:29: Und man hat ja gewusst, dass sie irgendwo vollidioten an dem Markt ist, aber man hat dann eben nicht gewusst, wie weit er gehen würde.
00:07:37: Und man wusste auch nicht, wie weit seine Leute gehen.
00:07:41: Es war halt, ja, keine schöne Zeit, also keine schöne Zeit, dann hat meine Mutter die 7 Sachen gepackt und dann ist sie halt mit mir geflüchtet.
00:07:58: Und da kann ich mich nicht mehr zu 100% an alles erinnern, also ich erinnere mich schon an gewisse Dinge, aber nicht mehr an alles.
00:08:15: Und es war relativ schlimm.
00:08:19: Ich hatte beide Arme in Gips, ich halt auf der Straße gestolpert bin.
00:08:25: In dem Moment kam er, meine Klassenkamerad, wollte uns verabschieden, also ich wollte mich unbedingt verabschieden.
00:08:32: Dann wurde er von meinen Augen erschossen.
00:08:37: Und dann dieses ganze Brut, dieses ganze Egal, ist halt so. Ja, und dann eben, wo geht sie mit mir hin?
00:08:47: Funktioniert alles so, wie sie sich gedacht hat, was ist, wenn wir erwischt werden?
00:08:53: Und beim ersten Versuch wurden wir auch erwischt, dann waren wir für 24 Stunden im Gefängnis.
00:09:01: Das war kein schönes Erlebnis, also wenn keiner da draußen im Gefängnis war, und ich meine
00:09:11: damals, wo ganz vielen Jahren, vor 30 Jahren waren die Gefängnisse anders wie heute, also
00:09:19: da hatte man kein Fernseher auf 10 Uhr, da hatte man kein Holzbitten, kein Holzschrank,
00:09:24: da war wirklich, das waren andere Kaliber und das wünsch ich keinem, und das war für
00:09:32: mich auch wieder ein prägendes Erlebnis und mussten wir wieder zurück und dann hat der
00:09:40: zweite Versuch zu Früchten funktioniert und trotzdem weiß für mich, mit am prägendsten
00:09:47: zu sehen, dass die Zollbeamt, die Prenzeläute als die Soldaten mit der Waffe direkt neben
00:10:01: einem ist und man so viel riskiert hat, ja und dann kam wir halt hier hin und es war
00:10:10: eine komplett andere Welt, es war alles so wuchtig, so mächtig, so groß, so ja, groß
00:10:21: halt und das war, war für mich ein sehr, also heute wenn ich irgendwo sehe, dass Kriege
00:10:36: passieren, dass Menschen sterben, Kinder leiden, muss ich ehrlich sagen, werde ich sehr getriggert,
00:10:43: also es sind Erlebnisse, man kann vielleicht sein, aber man kann nicht vergessen und das
00:10:50: ist nicht vergessen, ist sehr, man muss lernen damit umzugehen und das habe ich dann auch
00:11:00: getan, ich habe auch mir immer wieder gesagt, wo ich gesehen habe, meine Erfolge in zwei,
00:11:06: drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht und zehn, die Gefahr der Revolution ist nicht mehr
00:11:12: da, aber ich war dann hier und gleich nachdem ich da war, wurden wir zweimal abgeschoben,
00:11:21: meine Mutter und ich, das ist dann wiederum auch ein anderes Kapitel kommt in der nächsten
00:11:25: Folge, weil ihr müsst ja auch verstehen, das sind ja auch für mich Erlebnisse, da kann
00:11:31: ich ja auch nicht irgendwie aufhören, sich das so anhören, da sitzen so tun, als würde
00:11:38: ich irgendwie ein Märchen erzählen, sondern es ist halt mein Leben, was passiert ist und
00:11:45: es triggert mich doch und wenn man mich sehen würde in Bild, würde man es verstehen, ich
00:11:49: bin keine Bleich, ich habe schützige Hände, ich habe Herzrasen, aber dennoch versuche ich
00:11:54: irgendwie, Kontinent zu bewahren, aber es war nicht leicht, es war, ja, doch ich kann sagen,
00:12:11: somit die härteste Zeit von einem Regime ins andere zu kommen und vor allem kann ich
00:12:20: euch sagen, das Einzige, was mich fast umgebracht hat, innerlich, das war die Ungefissheit,
00:12:26: nicht zu wissen, was heute passiert, nicht zu wissen, was morgen passiert, nicht zu wissen,
00:12:31: welches Schicksal ich dann erleben darf, das war so hart, aber was mich motiviert hat,
00:12:44: inspiriert hat, war immer nur den einen Gedanken, Claudia, aufpassen, eines Tages, scheint bei
00:12:55: dir auf die Straße die Sonne und du wirst für andere da sein können, du wirst aufblühen
00:13:03: und für andere da sein können, du wirst helfen können, wenn andere not sind, weil dir,
00:13:09: naja, nicht viele Menschen, aber sehr wenige in sehr schweren Zeiten geholfen haben und
00:13:19: ich hatte immer den Drang dazu, seitdem ich klein bin, dass ich immer ganz viel zurückgeben
00:13:23: möchte und muss und es war mir eigentlich voll kommunikal, wieviel ich habe, wie weit
00:13:28: immer gelegen, daran gelegen, dass mein Gegenüber genug hat, dass Menschen, die mir am Herzen
00:13:36: liegen, viel haben, ein Grund vor allem zum Lachen, zu lächeln und das war das, was mich
00:13:46: eigentlich so geprägt hat, zu dem Menschen gemacht hat, ja, welches ich heute bin und
00:13:55: ich kann für mich behaupten, ohne Arroganz wirken zu, ich bin einfach Arroganz Leute,
00:14:01: ich bin gar nicht mal so schlecht geworden, doch, also wenn ich in den Spiegel gucke,
00:14:08: muss ich ehrlich sagen, ich schäme mich nicht, ne und das möchte ich euch mit auf den Weg
00:14:20: geben und das werdet ihr auch lernen in meinem Folgen, in dem ihr über mich mehr erfahrt,
00:14:26: in dem ihr ein bisschen aus meinem Leben ein paar Bruchteile mitbekommt.
00:14:35: Es ist nicht wichtig, was einem widerfährt, wie hart unser Schicksal ist, ich finde das
00:14:42: aller wichtigste ist, gibt es noch irgendwo einen Funken da draußen oder in uns, der uns
00:14:49: dazu animiert weiterzumachen, haben wir überhaupt den Drang dazu, weil ich meine ganz ehrlich,
00:14:56: so wie ich Lust habe, Geschichten zu schreiben, Geschichten zu erzählen, mein Leben als
00:15:03: Anker sozusagen, für mich, aber für andere zu nutzen und zu sagen, hey, ja, ich hab viel
00:15:10: Scheiße erlebt, aber wisst ihr was, das ist mir egal, ich bin jetzt hier, ich bin nicht
00:15:17: ganz gaga, na ja gut, ich bin schon ein bisschen gaga, aber nicht ganz, und ich muss ehrlich
00:15:25: sagen, ich bin gut wie ich bin und ich habe immer noch einen Grund, der mich am Leben
00:15:30: hält, wo ich sage, hey, das Leben ist geil, richtig geil und dann habe ich so richtig
00:15:36: Lust zu leben und das ist halt irgendwie, ich weiß nicht, vielleicht auch wenig verständlich
00:15:42: für euch da draußen, aber darauf kommt es an, es kommt nicht darauf an, was wir an Mist,
00:15:50: an Bullshit erlebt haben, sondern wie gehen wir damit um, gibt es noch irgendwas, irgendjemand
00:15:55: da draußen in uns, wo wir, in was wir in Grund finden, zu lachen, zu leben, weiter zu laufen
00:16:07: und ja, das war jetzt die zweite Folge, und wie gesagt, die dritte Folge, da werde ich
00:16:15: euch ein bisschen was erzählen über die Abschiebungen und wie ich mein Weg, sage ich jetzt mal, in
00:16:21: die Informatik genommen habe, aber ich werde jetzt Stück für Stück mich ein bisschen besser
00:16:32: kennenlernen, ein bisschen mehr darüber erfahren, was mich ausmacht und vor allem warum ich
00:16:39: es mir anmaßen kann, euch Tipps zu geben, euch sage ich jetzt mal, ja, wenn ihr vielleicht
00:16:50: es so nennen wollt, euch an die Hand nehmen möchte, kurzweilig und damit ihr nicht allein
00:16:56: seid, damit ihr vielleicht für euch herausfindet, hey wo stehe ich, wo möchte ich hin, was macht
00:17:03: mich aus, was kann ich, was kann ich nicht, was will ich, was will ich nicht und es sind
00:17:09: halt so Dinge, wie gesagt, ich möchte keine Persönlichkeitsmitteln machen, ich mache
00:17:14: grundsätzlich und nur alles rund um Resilienz, weil diese Widerstandsfähigkeit ist genau
00:17:21: die, die ich bis heute erlangt habe, habe und daran arbeite und egal, was mir widerfährt
00:17:30: und das ist genau das, wo ich euch helfen kann und jetzt wünsche ich euch viel Spaß beim
00:17:37: Zuhören, die Folge ist ein bisschen länger geworden und dann würde ich sagen bis zur
00:17:41: nächsten Folgen. Und Claudia. Ciao, ciao.
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